Samstag, 29. Mai 2010

Scheiß Drauf (Teil 20)

Kapitel 27

Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass ich einige Male in Schottland war? Dem Land meiner All-Time-Favourites in Sachen Pop? Als da wären, der bereits erwähnte göttliche Andy Pawlak, dann Friends Again / Love & Money / Bloomsday, Outsider, The Pearlfishers, Jazzateers / Hipsway / Cowboy Mouth, Lloyd Cole, The River Detectives, Del Amitri, Danny Wilson, Texas, The Trash Can Sinatras und nicht zu vergessen Aztec Camera...
Bestimmt habe ich jetzt einige vergessen. Pech.

Auf jeden Fall war ich ganz heiß darauf, das Land dieser Helden zu besuchen, um auch etwas dieser Romantik in mir zu spüren. Bei meiner ersten Reise vor zehn Jahren musste Sven leider kurzfristig aus Geldmangel absagen. So fuhr ich alleine und wanderte mit einem Typen, den ich auf der Fähre (mal wieder diese Fähre) kennen gelernt hatte durch die Highlands. In diesem Urlaub verliebte ich mich in dieses wunderschöne Land und bei allen weiteren Fahrten überlief es mich heiß und kalt, als ich die Landstraße entlangfuhr, die sich so geschmeidig in die Highlands schlängelt.

Sven und ich holten unsere Reise einige Jahre später dann nach. Und wie so viele dieser Reisen startete alles Unglück, alle Peinlichkeit und alles Urkomische auf dieser Fähre.
Nach dem Einchecken kann man ja noch ein paar Stunden damit verbringen, beim Auslaufen zuzusehen, Hamburg schrumpfen zu sehen, Stade zu passieren - wobei das an sich schon eher langweilig war - und dann festzustellen, dass das Handynetz immer schwächer wurde.
Shit. Und jetzt? Sven und ich stromerten wie eigentlich alle Passagiere durch den Bauch des Bootes. Umsorgt von einer liebevollen Schiffscrew, die für einen Pulverkaffee nur 2,50 Mark kassierte. Und obwohl wir uns ja irgendwie auf Skan-Boden befanden, gab es hier keine auch nur entfernt dänisch, schwedisch oder deutsch sprechende Besatzungsmitglieder. Schienen mir alles Taiwan-Dänen gewesen zu sein.
Also nix wie in den Duty-Free-Shop. Geschlossen. Fuck. Kino? Geschlossen. Also noch einen Kaffee und einen Hot Dog.
Nochmal in den Duty-Free-Shop. Eben war da eine Durchsage, die zwar völlig unverständlich war aber ich meine mich an die Begriffe "inkøben" und "Shop" zu erinnern. Die englische Wiederholung gab auch nicht vielmehr her. "Shopping" und "Shop".
Und: ja, geöffnet. Also erstmal allerlei Tand gekauft, dann Whisky, Zigaretten, Wein, Bier. Und mit der Beute sind wir dann aufs Sonnendeck, um die Hülsen und den Wein mal zu testen. Nach zwei bis drei Stunden und nach dem vierten bis fünften Gang aufs Klo mussten wir unsere Voräte dann erstmal aufstocken, wenn wir abends nicht in der Bar oder Disco pleite gehen wollten.

Vorher sahen wir nochmal nach dem Kino: Jawoll: Das Fünfte Element noch vor dem eigentlichen Kinostart! Allerdings in der Originalfassung. Und das mit Wein und Bier in der Blutbahn war schon eine Herausforderung. Sven hatte irgendwo ein Mädchen kennen gelernt, mit der er seiner Lieblingsbeschäftigung nach ging: diskutieren. Ich setzte mich derweil in eine der hinteren von etwa 7 Kinoreihen, wo ich die zwei mal vier Meter große Kinoleinwand noch gerade so erkennen konnte. Eine Zeit lang hielt ich für Sven auch noch einen Platz reserviert aber als der Film schon eine viertel Stunde lief, war es mir dann doch zu blöde. Und doch kam Sven irgendwann ins Kino und musste sich in die zweite Reihe setzen. Mich hat er eh nicht mehr gesehen.

Nach dem Kino hatte auch das Schiffs-Rahmen-Programm begonnen. Eine schlechte Varieté-Show in der Bar, wo wir uns erstmal ein paar Caipis gönnten und ein noch viel, viel schlechterer DJ in der entsetzlichen Schiffsdisco.
Aber da wir ja nicht vorhatten, hier Stammgäste zu werden, konnte es uns ja egal sein und wir schauten den fünfzigjährigen Muttis mit ihren vierzehn- bis sechzehnjährigen Töchter beim Tanzen zu, was doch letztlich ziemlich lustig war.
Und irgendwie, ich weiß nicht wie es dazu kam, hatte Sven dann eines dieser Tanzkiddies aus der Disco gelotst.
Ich saß allein gelassen mit drei oder vier Lederkombi-Motorrad-Rockern in der Schiffsdisco. Abgefüllt bis zum Stehkragen. Bernd hatte mir sehr leichtsinniger-weise seine Kreditkarte dagelassen, während er mit einer grob geschätzt Sech-zehnjährigen irgendwo auf dem Schiff herum knutschte.
Und ich war selbst dafür zu breit, Bernds Unterschrift von der Kreditkarte nach-zumachen. Fälschen ist so ein böses Wort. Sonst hätte ich mir auf seine Kosten schön noch ein paar Drinks geholt. Der Geist war willig aber die Augen und der Körper waren schwach. So konnte ich nur reglos auf die Rückkehr meines Kumpels warten, um mich aus der Disco ziehen zu lassen.

Als ich dann in der Kabine ankam, stellte ich fest, dass Sven wieder verschwunden war. Morgens um etwa sechs Uhr erschien er dann auch in der Kabine und ließ sich dreckig grinsend auf die Koje fallen.
Nach dem Aufstehen sagte er mir, dass er wieder zu seiner oben erwähnten neuen Bekannten gegangen war, die einen Liegesitz hatte und er hatte sich daneben (!) auf den Boden gelegt.

Nach dem Ausschiffen in Newcastle ging es uns erwartungsgemäß riesig und wir suchten uns müde und schwer beladen einen Zugverbindung bis Edin-burgh, wo wir eine klasse B&B-Unterkunft am Rande der City fanden. Nur unweit eines richtig britischen Pubs. Mit herrlichem Lager und leckerem Whisky.

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