Mittwoch, 31. März 2010

Scheiß Drauf (Teil 11)

Kapitel 16

Das Kir hatte ich 1989 mit Jo für uns entdeckt. Das Stairs war uns langfristig etwas zu seicht, weil wir beide auf Indie standen. Zu der Zeit hatte sich neben meinen sonstigen musikalischen Vorlieben noch eine weitere Stilrichtung in meine Vinyl- und gerade frisch eröffnete CD-Sammlung geschlichen: EBM - Electronic Body Music. Und hier insbesondere The Neon Judgement und eher untergeordnet A Split Second und Front 242. Auch Cabaret Voltaire waren zu der Zeit noch aktiv und die mochte ich besonders deswegen, weil sie ziemlich experimentell waren. Die Best Of Cabaret Voltaire höre ich auch heute noch sehr gerne. Sensoria oder auch die Doppel Twelve-Inch The Drain Train.
Naja, und das Kir bot eben alles, was ich so mochte. Ob es nun The House Of Love oder die Schmidts waren, Billy Bragg oder Human League, Depeche Mode oder die Redskins, ABC oder Easterhouse, The Jam oder was weiß ich. Alles war dabei und ich liebte alles. Einmal drin, unterbrach ich das Tanzen nur noch für mein Bier oder für die Unmengen an Sauren, die dort über den Tresen gingen. Mit dem Geld, was ich dort ausgegeben habe, hätte ich vermutlich den Laden kaufen können. Und ich bin mir sicher, dass es dort noch weitere Gäste gab, die das auch konnten. Also, dem Kir ging es durch uns immer gut. Und uns ging es durch das Kir immer gut, denn damals waren Montag, Donnertstag, Freitag und Samstag die Tage, an denen man schonmal was vor hatte. Es gab tatsächlich Zeiten, in denen ich viermal die Woche dort war. Das hatte den Vorteil, dass ich nie in der Schlange stehen musste, wenn es mal wieder voll war und ich habe auch den einen oder anderen Drink umsonst bekommen.
Hier meinen heißen Dank dafür. Und die Tatsache, dass ich irgendwann meinen Lappen verlieren würde, war damals nur eine Frage der Zeit. Umso überraschender war es, dass das Kir an dem entsprechenden denkwürdigen Abend gar nicht unser Ziel war und somit auch nichts damit zu tun hatte.

Bevor das Kir kürzlich in die Barnerstraße umzog, besaß es einen Garten, in dem sich im Verlauf der Geschichte des Kirs vermutlich unendlich viele Dinge zutrugen, die allein schon ein Buch füllen könnten. In diesem Garten gab es einen kleinen Teich, der jedoch nicht tief war, da man darin stehen oder auch wahlweise sitzen konnte - alles im Selbstversuch heraus gefunden - sowie ein paar Bänke und Tische.
Zwei Geschichten würden mit Sicherheit in diesem imaginären Buch vorkommen:
Jo hatte seinerzeit ein Mädchen kennengelernt und sich mit diesem in einer lauen Sommernacht in den Garten zurück gezogen. Und zwar aus dem ganz einfachen Grund, um darin ganz herzlich zu ficken. Selbst bei gut besuchtem Garten gab es immer noch die Möglichkeit, in der einen oder anderen Ecke vor Blicken geschützt zu sein. Ich rede hier von den Blicken der Kir-Besucher. Nicht allerdings von den Blicken der dortigen Anwohner, die sich zwar immer wieder über den Garten aufregten aber bestimmt auch das eine oder andere Mal ganz genüsslich gespannert haben.
Jedenfalls waren die Kir-Betreiber dazu verpflichtet, den Garten zu relativ früh-nächtlicher Stunde zu schließen. Der damals Verantwortliche rief also in den Garten, er werde nunmehr abschließen und alle mögen sich bitte ins Kir begeben. Jo, der just in die Phase der intensiv-körperlichen Zuneigungsbezeugungen übergegangen war musste das für und wider abwägen und entschloss sich für was wohl...? Klar, hätte wohl jeder gemacht. Poppen! Scheiß doch auf die Tür.
Gegen drei Uhr morgens öffnete nach langem und kräftigen Klopfen und Treten gegen die verschlossene Tür gleicher miesgelaunte Angestellte, um Jo und seine - wie soll ich es nennen - Kurzzeitbekannte oder etwas ordinär, verzeiht mir das Wort, Fickbekanntschaft einzulassen. Geht doch also.

Eine andere Anekdote aus der Gartengeschichte trug sich mit einem ehemaligen Klassenkameraden vom ATH zu. Jo, er und ich waren mal wieder hier und es war an der Zeit und um den Pegel herum, irgendwas Sinnentleertes zu machen. Ich schlug Simon, so hieß er, vor, wenn er sein T-Shirt in den besagten Teich werfen würde, würde ich meine Unterhose hinterher werfen. Ich weiß, dass ihr jetzt momentan über mich lacht aber trotz meines Pegels hatte ich einen Plan. Lest selbst:
Natürlich zögerte er nicht lang und warf sein T-Shirt in den Teich und ich kam selbstverständlich meinem Versprechen nach. Ich zog meine Jeans aus, dann meine Unterhose und diese flog dem T-Shirt hinterher. Die Leute um uns herum schüttelten ihre Köpfe, weil sie mich erstaunt dabei beobachteten, als ich vermeintlich meine Würde verlor. Aber was ist schon Würde, wenn man a) breit ist und b) einen Kumpel verarschen kann. Meine Würdelosigkeit dauerte nämlich so ziemlich genau zehn Sekunden, nämlich exakt so lange, bis meine Jeans wieder mein entblößtes Gemächt bedeckt hatte. Simons Würde war jedoch für die komplette verbliebene Zeit unseres Kir-Aufenthalts dahin. Und da ihr wisst, dass der Garten früh schloss, befanden wir uns noch am Anfang des Abends und er hatte noch so manche Stunde mit entblößtem Oberkörper vor sich. Und das hat mir schon einige Freude bereitet!

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